Musiktherapie
Aus phys-med
Konzeptionelle Grundlagen
- erlebnisorientierte und handlungszentrierte Therapieform
- körperlich-funktionelle/sprachliche und verhaltens-/psychotherapeutische Ansätze
- emotional-nonverbal → auch für schwertsbetroffene Patienten geeignet
- Interaktions- und Ausdrucksmedium
- Basis: therapeutische Beziehung
- musikalische Mittel: Rhythmus, Sprache, Bewegung/Tanz, Sprachmelodie/Singen, Instrumente
- Anknüpfung an frühe Wahrnehmungserfahrungen
- Anatomie:
- linke Hemisphäre: Rhythmus → Phonologie (Sprachlaute), Syntax (Satzaufbau), Sequenz (Satzstruktur)
- rechte Hemisphäre: Melodie → Prosodie (Sprachmelodie, Intonation), Pragmatik (Ausdruck) → affektive/musikalische Sprachkomponenten (Akkorde, Harmonien, Melodie)
- Aphasiker können singen! ;-)
- Musik als
- Medium nonverbaler Komunikation → präverbale Interaktionsmuster, frühe Mutter-Kind-Interaktion
- Träger von Emotion und Erinnerung (Kinderlieder, Rituallieder, Lieblingslieder)
- strukturgebendes Medium (Metrum, Rhythmus, Phrasierung) → Regelmäßigkeit, Orientierung in zeit und Raum
- Raum für individuellen, kreativen Ausdruck
Vorteile
- hoher Aufforderungscharakter der Musik und Instrumente
- indirekte Vorgehensweise
- ressourcenorientiert
- nonverbal
- spielerisch, angstfrei, nicht leistungsorientiert
- emotional entlastend, stabilisierend
- multisensorisch
- musikimmanente Behandlungseffekte: entspannend, angstlösend, antriebssteigernd, bewegungsfördernd
Ziele
- Aufbau nonverbaler Kommunikationsmöglichkeiten
- Erweiterung kommunikativer Kompetenzen
- Verbesserung der Motivation zum sprachlichen Ausdruck
- psychische Entlastung, Stabilisierung, Stärkung von Selbstbewußtsein und Selbstwertgefühl
- Anbahnen der Sprachproduktion
- Verbesserung des Sprachverständnisses
Setting
- möglichst akustisch geschützte und ungestörte Situation
- Instrumentarium:
- Stimme
- stark schwingende/vibrierende Instrumente (Gong, Klangwiege, Klangschalen)
- motorische Anpassung (Klangstäbe, Metallophon, Trommeln)
- Harmonieinstrumente (Klavier, Gitarre)
- Wiegen-/Schaukellieder, Kniereiter
- melodisches Märchenerzählen
- biographisch wichtige Musik
- Verteilte Rollen
- Pantomime
- Klangreisen (rezeptiv - aktiv)
- Atemübungen
Indikation
- Anbahnung basaler Fähigkeiten (Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Motivation, Eigenaktivität, Ausdrucksfähigkeit)
- Sprachanbahnung, stimmlicher Ausdruck
- Krankheitsverarbeitung, emotionale Unterstützung, Identitätsfindung
- Verbesserung der Eltern-Kind-Interaktion
- Anbahnung/Verbesserung zielgerichteter Handlungsabläufe
- Verbesserung der sozialen Kompetenz
Formen
- rezeptiv: Hören und Spüren
- aktiv: Sich Ausdrücken, Wahrnehmen, Zugang zu Gefühlen/inneren Bildern schaffen, Entdecken von Fähigkeiten und Gestaltungskraft
Spezielle Formen
Orff-Musiktherapie
- Gertrud Orff, ab 1970
- humanistische Psychologie, Entwicklungspsychologie
- Betonung des multisensorischen Aspektes
- Spiel: Klang und Bewegung
- Wiederholbarkeit, Wechsel, Variation, Phasierung, Tempo → Dynamik, Spannung, Faszination, Motivation
- Freude an Bewegung, Ausdruck, Kreativität, Kommunikation
- Iso-Prinzip:
- Aufgreifen/hörbar machen der kindlichen Verhaltensweisen/Äußerungen/Befindlichkeiten
- "hör zu, das bist Du, so nehmen wir Dich wahr"
- Variation → Spiel, Interaktion
Einschätzung der Beziehungsqualität (EBQ)
- Karin Schumacher/Claudine Clavet-Kruppa
- Therapeut als Regulator → emotionale Spannung auffangen und integrieren
- Pausen respektieren → Kind sollte Initiator sein
- Synchronisation → körperlich, instrumental, stimmlich
- Beziehungsqualität: "nicht was, sondern wie"
- 4 Skalen/Betrachtungsschwerpunkte:
- Kind: instrumental (IBQ)→ Instrument, Objektbezug, Musikalische Mittel, Spielraum
- Kind: stimmlich-vorsprachlich (VBQ) → Stimme, intra-/interpersonelle Beziehung, stimmlich-vorsprachliche Mittel
- Kind: körperlich-emotional (KEBQ) → Körperkontakt, Affekt, Blickkontakt
- Therapeut (TBQ) → Interventionen
- 7 Modi (Erwartungshaltungen, Interventionen, Beziehungsqualität
Modus 0 | Kind bemerkt Therapeut nicht | Kind wird in Klang eingehüllt |
Modus 1 | Kind bemerkt etwas | Wahrnehmungen werden verknüpft |
Modus 2 | Affekte entstehen | Therapeut läßt sich funktionalisieren |
Modus 3 | Kind beginnt sich selbst zuzuhören | Therapeut signalisiert mit seinem Spiel, dass das Kind Urheber seines Spiels ist |
Modus 4 | Kind entdeckt gegenüber | Therapeut wird als Person in Spiel einbezogen |
Modus 5 | Interaktives, gemeinsames Spiel | Frage-und-Antwort-Spiel |
Modus 6 | Begegnungen entstehen | gemeinsamer Spaß am Spiel |
MusikSpielTherapie (MST)
- Katrin Stumptner/Cornelia Thomsen
- frühe Beziehungsstörungen (bis 4 Jahre) zwischen Eltern-Kind
- aktive Einbeziehung eines Elternteiles
- Anbahnung neuer Interaktionsebenen, Ausdruck von Gefühlen, spielerischer Zugang zum Kind
Weblinks
- Deutsche Musiktherapeutische Gesellschaft e.V. (DMtG)
- Forschungsansätze zur Operationalisierung von emotionalem Ausdruck und Interaktion in der musiktherapeutischen Improvisation
Quellen
- Artikel und Skripte der Musiktherapie in der Schön Klinik Vogtareuth, Neuropädiatrie (Claudia Cortes, mia Unterharnscheidt)