Elektrotherapie: Unterschied zwischen den Versionen

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== Niederfrequente Reizströme ==
== Niederfrequente Reizströme ==


* 1-1000 Hz, 1-50 mA, 10-150 V
* 1-1000 Hz (praktisch < 200 Hz), 1-50 mA, 10-150 V
* Rechteck-/Dreieckimpulse, Schwellstrom, Amplituden-/Frequenzmodulation --> Wirkung ähnlich
* Rechteck-/Dreieckimpulse, Schwellstrom, Amplituden-/Frequenzmodulation --> Wirkung ähnlich
* uni-/bidirektional
* uni-/bidirektional

Version vom 1. Dezember 2010, 13:44 Uhr

Grundlagen

  • Metall → Leiter 1. Klasse → Elektronen
  • Körper → Leiter 2. Klasse → Ionen
  • Positive Ionen = Kationen → Kathode (negativer Pol)
  • Negative Ionen = Anionen → Anode (positiver Pol)
  • Wirkung:
    • Ionenbewegung → Gewebsmilieu, Erwärmung
    • Aktionspotentiale → efferent/afferent
    • Rezeptorreizung (freie Nervenendigungen) → sensible Empfindungen
    • wesentlicher Faktor: Stromdichte [mA/cm²]→ verstärkte Wirkung unter kleinerer Elektrode
  • Zelluläre Eregbarkeit:
    • Ruhepotential -70 bis -90 mV
    • Schwellenpotential -65 mV
    • Aktionspotential: Depolarisation bis +40 mV (Natrium rein, Kalium raus), ca. 1ms
    • Repolarisation → Refraktärzeit
  • Elektrodentechnik:
    • different: gezielt wirksame Stromdichte
    • indifferent: wenig gezielt, geringe Stromdichte
  • CC = stromkonstant:
    • automatische Spannungsregelung → Stromintensität konstant
    • Elektroden fixiert (Abheben → Abschalten des Stromes)
  • CV = spannungskonstant:
    • Spannung konstant → Stromintensität abh. von elektrischem Widerstand
    • Elektroden beweglich → Suche nach Hautarealen mit verschiedenem Widerstand (Triggerpunkte, Reizpunkte)
  • Ziele:
    • Schmerzreduktion
    • Verbesserung von Muskel-/Gelenkfunktion
    • Verbesserung von Durchblutung/Trophik

Galvanisation (Gleichstrom)

  • gleichbleibende Richtung und Stärke, 5-30 mA
  • Ionenverschiebung → Elektrolytmilieu → Schmerz-Rezeptoren
  • keine Wirkung auf Nerven- und Muskelfasern → keine Aktionspotentiale
  • Eindringtiefe: max. 3-5 cm
  • Wirkung:
    • Analgesie, langdauernde Schmerzdämpfung
    • Anode: Sedierung/Erregungshemmung
    • Hyperämisierung: Erythem → mehrere Stunden anhaltend
    • Muskeldetonisierung: absteigende Stromrichtung (Anode proximal - Kathode distal)
  • Hydrogalvanische Anwendungen → Stangerbad, Zellenbad
  • Iontophorese: großflächige Elektroden, hohe Stromdichte, lange Therapiedauer (30 Min.), 8-10 Applikationen
  • Nebenwirkungen: unter Kathode Natronlauge, unter Anode Salzsäure → Hautschädigung

Niederfrequente Reizströme

  • 1-1000 Hz (praktisch < 200 Hz), 1-50 mA, 10-150 V
  • Rechteck-/Dreieckimpulse, Schwellstrom, Amplituden-/Frequenzmodulation --> Wirkung ähnlich
  • uni-/bidirektional
  • Wirkprinzip: Auslösung von Aktionspotentialen an Nerven- und Muskelfasern
  • Analgesie, Muskelstimulation/-tonisierung, Hyperämisierung
  • Cave: Verätzung durch Elektrolyse bei unidirektionalen Strömen --> Zwischenlage/Schwamm

Diadynamische Ströme nach Bernard

  • Impulsstrom, gleichgerichtet, Sinushalbwellen
  • Ausgangsfrequenz 50/100 Hz, Impulsbreite 10 ms
  • konstanter Gleichstrom (2-3mA) unterlagert
MF = Monophasé fixe Diadynamik mf.jpg motorisch/sensibel reizend
DF = Diphasé fixe Diadynamik df.jpg analgetisch, hyperämisierend, resorptionsverbessernd
CP = courte période Diadynamik cp.jpg resorptionsfördernd
LP = longue période Diadynamik lp.jpg detonisierend
RS = rythme syncope Diadynamik rs.jpg

Ultrareizstrom nach Träbert

  • Rechteckimpulse 2 ms, Pause 5 ms → Frequenz 143 Hz
  • analgetisch, hyperämisierend, Vibrationsempfinden ("Reizstrommassage")

Stochastische Reizströme

  • unregelmäßige Impulsfrequenzen 6-30Hz, um Gewöhnungseffekte zu vermindern
  • häufig unangenehm, daher selten angewendet

TENS

  • nullliniensymmetrische, bidirektionale Rechteckimpulse ca. 100 µs, Frequenz 1-100 Hz (2-4 Hz low, 80-100 Hz high)
  • Wirkprinzip:
    • Erregung von schnellleitenden Aβ-Fasern → Hemmung von Wide dynamic range (WDR)-Neuronen auf Spinalebene (Gate-Control-Theory)
    • Aktivierung deszendierender Hemmsysteme (Serotonin)
  • bei neuropathischen und Muskelschmerzen
  • Gerät als Leihgerät rezeptierbar nach Erprobung und Einweisung

Hochvolttherapie

  • extrem kurze Impulse < 100 µs, Frequenz 50-100Hz, Spitzenspannungen ca. 200 V
  • Pausenlänge extrem groß → Effektivwerte für Spannung und Stromstärke (=Durchschnitt) sehr niedrig
  • muskeltonisierend, analgetisch

Reizstromdiagnostik

  • heute durch EMG ersetzt
  • Auslösung einer Muskelzuckung
  • Unterscheidung denervierter/innervierter Muskel → durch Denervierung Verlust der Erregbarkeit auf sehr kurze Impulse
  • I/t-Kurve (Imuplshöhe/Impulszeit) → Mindeststromstärke( = Rheobase)
  • notwendige Impulsdauer bei doppelter Rheobase (= Chronaxie)
  • Akkommodabilität = geringere Erregbarkeit bei langsam ansteigenden Impulsen (z.B. flacher Anstieg des Dreieckstrom-Impulses bei langer Impuls-Dauer)

Elektrostimulation

  • 1 - 100 Hz
  • Einsatz:
    • partiell oder temporär denervierte Muskulatur (z.N. nach Nervenläsion, Nervennaht) → Verlangsamung der Atrophie; bei totaler Denervierung sinnlos
    • bei Spastik: Stimulation der Antagonisten (→ reziproke Hemmung), ggf. auch ermüdende Stimulation der Agonisten
    • Blase oder Enddarm bei Sphinkterinkontinenz
    • Funktionelle Elektrostimulation: direkt (Muskel) oder indirekt (Nerv)

Mittelfrequente Reizströme

  • 1000 - 100.000 Hz, meist 4-20 kHz
  • in der Regel sinusförmig, nullliniensymmetrisch → keine Elektrolyseprodukte
  • Wirkprinzip: Auslösen von Muskel-Aktionspotentialen (erst durch mehrere aufeinanderfolge Impulse = Gildemeister-Effekt)
  • nicht Impuls-synchron → Nebeneinander von kontrahierten/erschlafften Muskelzellen → Kontraktionkraft gering
  • Vorteil: geringe sensible Nebenwirkungen
  • Muskelstimulation, Muskeldetonisierung; per se keine Analgesie, keine Hyperämisierung
  1. Mittelfrequenzströme mit NF-Therapie vergleichbarer Wirkung:
    • Extern amplitudenmodulierter Mittelfrequenzstrom:
      • ein Stromkreis, 4-20 kHz, Modulation im Gerät
    • Interferenzstromverfahren (Nemec):
      • 2 sinusförmige Wechselströme in zwei getrennten Stromkreisen
      • ein Stromkreis 4000 Hz, der andere konstant oder variiert zwischen 3900 - 4000 Hz
      • Überlagerung im Behandlungsgebiet → Interferenzstrom 0-100 Hz
      • postuliert: 25-50 Hz Muskelreizung, 90-100 Hz sympathikusdämpfend + analgetisch
  2. Direkte mittelfrequente Reizung (Wyss → Wymoton®):
    • konstanter, über mehrere Sekunden geschwellter Strom von 11 kHz → großflächige Muskelkontraktionen
    • mit einem niederfrequenten Strom (250 Hz) unterlegt → analgetisch, hyperämisierend
    • Zuleitung über 3 Elektroden (Dreiphasen-Wechselstrom)
  • zusätzlich pulsierende Saugelektroden → hyperämisierend

Hochfrequenztherapie

  • 13,56 - 2400 MHz
  • Applikation nicht über Elektroden, sondern über elektromagnetische Felder
  • keine sensible oder motorische Reizung → reine Tiefenerwärmung (Diathermie)
  • maximale Erwärmung 1-4 mm unter Haut
  • aus funktechnischen Gründen nur wenige Frequenzen zugelassen:
  • Kurzwelle (27 MHz):
    • elektrisches Kondensatorfeld: Stromfluss im dazwischenliegenden Gewebe, Fett > Muskulatur
    • magnetische Spule erzeugt durch Induktion Wirbelströme in Muskulatur > Fett
  • Dezimeter-(434 MHz) und Mikrowelle (2450 MHz):
    • Applikator: Antennen = Strahlenfeldelektroden; Erwärmung durch Absorption im Gewebe
    • Tiefe: Mikrowelle < 1 mm, Dezimeterwelle ca. 3 mmm --> zusätzlich Konduktion im Gewebe
  • Dosierung: Stufe 1 (unterschwelling) - 4 (noch erträglich)
  • Nebenwirkungen:
    • Verbrennung durch Streustrahlung, v.a. um metallische Gegenstände im Raum (Schmuck, Liege, Ständer)
    • Störung elektrischer Geräte --> Abstand 5 m
    • Linsentrübung: Augenschutz vor Wärme (Drahtschutzbrille)
  • KI: metallische Prothesen, Schrittmacher etc.

Indikationen

  • Diadynamik, Elektroreizstrom: umschriebene Schmerzen
  • Interferenz: diffuse Schmerzen
  • Mittelfrequenz: Muskelverspannungen

Kontraindikationen

http://www.electrotherapy.org/modalities/contragrid.htm